Nachdem mein erstes Sauerteigbrot ein derartiger Erfolg war, wollte ich gleich experimentieren. Wie sich das Brot wohl abwandeln ließe? Ich schielte also in Richtung des 10kg Weizenmehlsacks in der Vorratskammer, doch sofort klingelten die Worte in meinem Kopf wider, die ich bei der Sauerteigübergabe zu hören bekam: „IMMER NUR MIT ROGGENMEHL FÜTTERN!“
Ich verlängerte also meinen Sauerteig regulär mit einem Löffel Roggenmehl und einem Löffel Wasser, so wie jede Woche. Damit hatte ich nun aber genug Ansatzgut, um es zu teilen: einen Teil, um damit ein neues Brot zu versuchen und einen Teil, den ich im Falle eines Misserfolgs weiter im Kühlschrank füttern konnte.
Ich nahm mir das Rezept des Bauernbrots vor und halbierte erstmal die Mengen für den Sauerteig – ich hatte mir extra bereits ein kleineres Gärkörbchen gekauft und wollte dieses Mal ein kleineres Brot backen.
Ich nahm also:
- meinen geteilten Roggensaueransatz
- 150g Mehl
- 150g Wasser
Mit der Gewissheit, einen lebendigen Sauerteig im Kühlschrank zu haben, nahm ich für dieses Brot also Weizen- statt Roggenmehl. Ganz normales 550er Mehl.
Und wieder fütterte ich drei Mal. Dieses Mal schaffte ich es allerdings nicht ganz, die 6-6-12 Stunden ruhen einzuhalten, am Ende wurden es bei mir etwa 6-5-10. Aufgrund der geringeren Menge und den warmen Temperaturen war ich aber bereit, dieses Risiko einzugehen.
Nun, und was machte das Weizenmehl mit meinem Sauerteig?
Ganz einfach: Ich habe ihn noch nie so lebendig blubbern sehen!
Das Ganze wurde allerdings recht flüssig, weil ich beim 2. Füttern vergessen hatte, die Flüssigkeit etwas zu reduzieren.
Ich verarbeitete den Teig aber dennoch erstmal weiter, als wäre er wie gewollt. Ich wog meinen Sauerteig und kam auf ziemlich genau 300g, also das 0,6-fache dessen, was im Ursprungsrezept angegeben war.
Ich teilte also alle weiteren Mengenangaben entsprechend, ersetzte das Roggen- durch Weizenmehl, veränderte den Dinkelanteil leicht und kam so auf folgende Mengen:
- 300g Sauerteig
- 280g Weizenmehl
- 80g Dinkel-Vollkornmehl
- 190g Wasser
- 2 TL Salz
- 1 TL Brotgewürz
Am Ende war mir auch hier der Teig noch zu weich, bzw. zu klebrig, also arbeitete ich beim durchkneten noch ein bisschen mehr Weizenmehl unter, bis er nicht mehr klebte.
Dann ließ ich ihn etwa 3 Stunden ruhen.
Beim Rundwirken musste ich feststellen, dass er wieder sehr feucht geworden war, alles Mehl aus der bemehlten Schüssel aufgenommen hatte und trotzdem noch ein wenig klebte, als arbeitete ich vorsichtig noch ein bisschen Mehl ein, bis er grade so nicht mehr klebte, legte den Teigball ins bemehlte Gärkörbchen und ließ ihn dort nochmal 1 1/2 Stunden ruhen.

Als die Zeit langsam eng wurde (ich hatte noch einen Zahnarzttermin, wollte das Brot aber vorher unbedingt noch probieren, musste also mit meiner Zeit haushalten), heizte ich den Ofen mit Pizzastein auf 250°C vor.
(Ich gebe hier übrigens nie Umluft oder Ober-/Unterhitze an, weil unser Backofen eine „Backstein“-Funktion hat, bei der der Stein über eine separate Heizspirale optimal geheizt wird – grundätzlich wird aber zum Brotbacken Ober-/Unterhitze oder nur Unterhitze empfohlen, niemals jedoch Umluft!)
Ich stürzte den Teigling also auf einen bemehlten Pizzaschieber und atmete bereits auf, als er sich ohne Probleme aus dem Gärkörbchen löste. Er hatte also hier in den letzten anderhalb Stunden nicht angeklebt.
Ich pinselte vorsichtig das überschüssige Mehl herunter und schnitt das Brot ein. Ganz filigran schnitze ich mit einer Rasierklinge zwei Pflanzen in das Brot, in der Hoffnung, man könne sie nach dem Backen noch erkennen.
Als wäre das Weizenbrot noch nicht Experiment genug, wollte ich dieses Mal unbedingt wissen, wie sich die Feuchtigkeit im Ofen auf die Kruste auswirkte. Ich pinselte also das ganze Brot einmal außenrum mit Wasser ein.
Kaum war der Ofen vorgeizt – Tür auf, Brot rein, eine (große) Tasse Wasser auf den Ofenboden geschüttet – Tür zu.
Ich konnte richtig schön sehen, wie die Tür wegen des Dampfs von innen beschlagen war.
Nach wenigen Minuten im Ofen begann das Brot zu bräunen – und von meinen Blumen war kaum noch etwas zu erkennen. Selbst die beiden tiefen Schnitte waren zwar zu sehen, bildeten aber eine ebenso gleichmäßige Krume wie der Rest des Brotes.
Ich war fasziniert und ein kleines bisschen enttäuscht zu gleich.

Ganz anders als mein Bauernbrot brach dieses nicht sofort auf – im Gegenteil, es blieb quasi komplett glatt.
Ich vermute, dass dies am Einpinseln mit dem Wasser und dem vielen Dampf lag.
Auch bei diesem Brot lüftete ich den Ofen nach 10 Minuten um den restlichen Dampf rauszulassen, reduzierte die Temperatur auf 185°C und stellte den Timer auf 40 Minuten.
Auch wenn das Brot nur halb so groß ist, braucht es doch nur unwesentlich kürzere Backzeit.
Es ist immer wieder herrlich, so ein frisches Brot aus dem Ofen zu holen. Es duftet im ganzen Haus, nur dezent, eher unaufdringlich, aber trotzdem unglaublich lecker.
Entsprechend schwer ist es aber auch, sich dann nochmal 30-60 Minuten zusammenzureißen, bevor das Brot angeschnitten wird.
Wird das Brot in noch heißem Zustand angeschnitten, kann es ihnen noch „knatschig“ sein, oder so sehr ausdampfen, dass es sehr schnell trocken wird.
Das schadet der Qualität des Brotes massiv.
Dann doch lieber noch ein paar Minuten gedulden.
Nach ca. 45 Minuten Abkühlzeit habe ich das leicht warme Brot dann endlich angeschnitten (ich musste schließlich kurz darauf los gen Zahnarzt!).
Es war wieder herrlich. Eine dünne, aber knusprige Kruste, sehr softes Brot und trotz des kleinen Vollkornanteils sehr hell.

Ich war gleich so begeistert über dieses gelungene Experiment, dass ich der chirurgischen Assistenz meines Zahnarzt etwa ein Viertel des Brotes mitbrachte.
(Ja okay, sie ist eine Freundin, die meine Instagram-Stories während des Backens schon die ganze Zeit neidisch beäugt hatte)
Die einzige Kritik: Dieses Brot ist sehr salzig geworden, vielleicht war ich aber auch einfach sehr großzügig damit. Es ist nicht schlimm salzig, tatsächlich mag ich es so sehr gerne (der Rest der Familie auch). Nur mit gesalzener Butter wurde es mir dann doch etwas zu viel – aber mit normaler Butter war es sehr lecker!

Ich bin sehr froh, dass ich mich getraut habe, den Roggen-Saueransatz mit Weizenmehl zu mischen. Das Ergebnis hat auf voller Linie überzeugt, und ich bin noch ein Stück mutiger geworden, in der Zukunft noch mehr auszuprobieren!